Eine sich wandelnde Landschaft

Organisierte Kriminalität

Seit dem Jahr 2000 enthält das "Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität" eine international einheitliche Definition einer organisierten kriminellen Vereinigung als "eine Gruppe von drei oder mehr Personen, die über einen bestimmten Zeitraum hinweg gemeinsam mit dem Ziel handeln, Straftaten zum finanziellen oder materiellen Vorteil zu begehen".

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Diese Definition wird der komplexen und flexiblen Natur moderner Netzwerke der organisierten Kriminalität nicht gerecht. Einzelne Kriminelle und kriminelle Gruppen sind flexibel und passen sich schnell an, um neue Opfer auszunutzen, Gegenmaßnahmen zu umgehen oder neue kriminelle Möglichkeiten zu erkennen.

Aber auch Staaten, Finanzinstitute, nationale und internationale Konzerne greifen auf Methoden der organisierten Kriminalität zurück, um ihre Ziele zu erreichen. In diesen Fällen ergibt sich ein Teil des Einflusses aus der formalen Stellung und dem rechtlichen Status. Besonders in Staaten mit einem hohen Maß an Klientelpolitik und politischer Korruption wird die organisierte Kriminalität gefördert und ist somit eng mit dem Staatsapparat verbunden. Bereits 2015 veröffentlichte die europäische Polizeiorganisation "Europol" eine Studie mit dem Titel "Exploring tomorrow‘s organised crime". Darin beschreiben die Polizeiexperten eine sich wandelnde Landschaft der organisierten Kriminalität, die zunehmend von losen, undefinierten und flexiblen Netzwerken aus einzelnen kriminellen Unternehmern dominiert wird, in denen Kriminelle auf freiberuflicher Basis arbeiten und nicht mehr Teil eines größeren Netzwerks oder einer Gruppe sind. Sie schließen sich als "Dienstleister" zusammen, um projektbezogene kriminelle Unternehmungen zu unterstützen.

Wichtige Teilbereiche der organisierten Kriminalität sind:

  • Internetkriminalität
  • Rauschgifthandel
  • Waffenschmuggel
  • Menschenhandel und Prostitution
  • Geldwäsche
  • Umweltkriminalität
  • Eigentumsdelikte
  • Piraterie
  • Entführung und Lösegeld
  • Schutzgeld / Schutzgelderpressung

Es liegt in der Natur des organisierten Verbrechens, dass es sich um die strategische Durchführung rechtswidriger Handlungen handelt. So gibt es neben den Rechtsakten, die sich direkt gegen die organisierte Kriminalität richten, viele Rechtsakte, die bereits das Verhalten selbst kriminalisieren. Die Frage der Verfolgung der organisierten Kriminalität ist nicht immer eine rechtliche Frage, sondern auch eine Frage der effektiven Strafverfolgung. Es gibt zahlreiche internationale und nationale Initiativen und Gesetze zur Eindämmung und Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Die Wirksamkeit der internationalen Vorschriften hängt jedoch weitgehend von den einzelnen Ländern und deren Macht und Bereitschaft ab, sie durchzusetzen.

Die (Rück-)Versicherungsbranche kann auf der operativen Seite betroffen sein, da sie aufgrund ihrer finanziellen Ressourcen von organisierten Kriminellen angegriffen werden kann. In den meisten Fällen geschieht dies durch betrügerische Handlungen wie dem "Fake President/CEO-Betrug", neben eher seltenen Fällen von Einbruchdiebstahl. In Entwicklungsländern sind Mitarbeiter auch Ziel von Entführungen und Lösegeldzahlungen. Wichtiger sind die Auswirkungen der organisierten Kriminalität auf die Wirtschaft, die als immanentes Risiko in verschiedenen Geschäftszweigen auftritt, aber auch als bewusst gedecktes Risiko wie Raub, Einbruch und Diebstahl in der Sach- und Kfz-Versicherung oder in speziellen Policen wie der Entführungs-, Lösegeld- und Erpressungsversicherung. Andere Situationen ergeben sich z.B. bei D&O-Schäden, die aus vorsätzlichen Handlungen resultieren (z.B. Unternehmensinsolvenz, wenn Betrug im Spiel war). Hier muss der Vorsatz nachgewiesen werden, bzw. es muss bewiesen werden, dass die Geschäftsleitung tatsächlich Kenntnis von der Manipulation hatte. Selbst dann muss die Police möglicherweise die Verteidigungskosten abdecken, die die Versicherungssumme ausschöpfen können.

Für (Rück-)Versicherer ist es schwierig, Ansprüche eindeutig dem organisierten Verbrechen zuzuordnen. Es gibt also keine Unterscheidung zwischen "normaler" und "organisierter" Kriminalität. Neben der Schwierigkeit, den Begriff für die Formulierung der Versicherungspolice genau zu definieren, besteht die nächste Schwierigkeit in der Frage, wer die Beweislast dafür trägt, dass eine Straftat "organisiert" ist. Versicherer und Verbände versuchen, das Risiko zu verringern und den Versicherten einen zusätzlichen Service zu bieten, indem sie über das Risiko der organisierten Kriminalität und dessen Verringerung oder Vermeidung durch Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsberatung aufklären. Mit dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz verfügen die Versicherer aber nun auch über ein neues Arsenal an Mitteln zur Betrugsbekämpfung. Anwendungen finden sich in der Personenversicherung, die auf Massenmärkten tätig ist und daher über große Datensätze verfügt, mit denen die Maschinen gefüttert werden können. Aber auch bei den gewerblichen Versicherungen werden neue Anwendungsfälle entwickelt.

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